Georgien – Mythen und Geschichten
- April 18, 2019
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- Urs Huebscher
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Zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer eingebettet, bietet Georgien ein Kaleidoskop an Mythen, faszinierender Geschichte und einer sprichwörtlichen Gastfreundschaft.
Georgien ist zweifellos das Land der Pilgerstätten, Kirchen und Klöster, und deren sakrale Kraft scheint ein spiritueller Kraftquell für die bescheidene Bevölkerung zu sein. Einer dieser Plätze ist der Klosterkomplex Gelati. Im 12. Jahrhundert erbaut, steht er beispielhaft für jenes goldene Zeitalter Georgiens und gehörte damals zu den wohl einflussreichsten geistigen Zentren in dieser Region. Der Gründer des Klosters – König David Agmashenebeli – hat hier, gemeinsam mit über 20 weiteren Notabeln, seine letzte Ruhestätte gefunden. Als wir uns wieder auf den Weg in Richtung des Klosters Motsameta machen, kreuzen hinter einer unübersichtlichen Kurve ein paar Kühe in aller Ruhe die Fahrbahn – georgischer Alltag, an den man sich erst gewöhnen muss. Vor der Anlage dann einige Devotionalienstände, von wo aus eine kurze Gehstrecke zu dem exponiert gelegenen Sakralbau führt. Hier, in der Gruft der MariaVerkündigungskirche, wurden die Gebeine der beiden Fürstensöhne David und Konstantin beigesetzt. Als sie sich tapfer den einfallenden Arabern zur Wehr setzten, fanden sie einen grausamen Tod und wurden anschliessend in den tief unter der Stätte liegenden – und heute überaus malerisch wirkenden – Rioni-Fluss geworfen.
Auf dem Weg nach Swanetien
Am nächsten Tag brechen wir mit einer solide wirkenden Marschrutka in Richtung des Grossen Kaukasus, genauer gesagt nach Swanetien, auf, jene weitgehend von der Natur belassene Ecke von kulturell archaischer Aussergewöhnlichkeit. Die Region gleicht einem Mysterium, so weit entfernt fühlt sich der Betrachter, wenn er eine allgewaltige über sich hereinbrechende Natur und kaum verständliche Sitten und Gebräuche dieses ungewöhnlichen Landstreifens erleben darf. Das Fahrzeug quält sich über die Serpentinen immer weiter in die Höhe, bis irgendwann die für Swanetien typischen, aus Stein geschaffenen Wehrtürme mehr und mehr auftauchen. Lieblich umrahmen Berge und Wälder das 3 000-Seelen-Städtchen, das seit Öffnung der Region einen deutlichen Aufschwung erlebt hat.
Zu den Wehrtürmen von Uschguli Gut zwei Stunden dauert die weitere Fahrt nach Uschguli über Pisten, Geröll und im Schosse der hier übermächtigen Natur mit ihren überschäumenden Flussläufen, den Bergrutschen und anderen Unzulänglichkeiten, die es auszuhalten gilt, bis sich das Tal weitet und sich Dutzende steinerner Zeugnisse in Form trutziger Wehrtürme vom stahlblauen Himmel abheben. Die Urwüchsigkeit und Entlegenheit der Region um Uschguli, dem höchstgelegenen und dauerhaft bewohnten Dorf Europas, hat eine eigene Sprache erschaffen und einen rauen Menschenschlag hervorgebracht, der immer noch seine Stammessitten aus Überzeugung lebt und dessen Tapferkeit und Kampfesmoral bereits in der Vergangenheit einen legendären Ruf innehatten.